Zytologie durch Feinnadelaspiration - Leber und Pankreas

Leber und Pankreas
Jan F. Silverman, MD and Telma C. Pereira, MD

Einführung

Feinnadelaspirationsbiopsien (FNA-Biopsien) von Leber oder Pankreas gehören in vielen medizinischen Zentren zur Alltagspraxis. Die übliche Indikation für eine Feinnadelaspiration der Leber oder des Pankreas ist die Untersuchung eines Tumors. Früher waren Pathologen eher damit vertraut, durch Stanzbiopsie entnommenes Gewebe von Lebertumoren zu untersuchen, aber inzwischen ist die FNA-Biopsie das Standardverfahren in den meisten Kliniken. Im Gegensatz dazu sind FNA-Biopsien beim Pankreas gebräuchlicher als Stanzbiopsien, die potenziell zu Komplikationen wie einer Pankreatitis führen können. Einer der Vorteile einer FNA-Biopsie von Leber oder Pankreas besteht darin, dass in einem einzigen Verfahren multiple Aspirate entnommen werden können, wodurch eine umfassendere Probenentnahme aus dem Tumor möglich ist.

Diskussion
Die Sensitivität von FNA-Biopsien liegt bei Neoplasien der Leber zwischen 92 % und 96 %. Eine Feinnadelaspirationsbiopsie eignet sich sowohl zur Untersuchung von Karzinommetastasen als auch zur Diagnostik primärer hepatozellulärer Karzinome und Cholangiokarzinome [1, 2, 3, 4, 5, 6,7, 8,9,10,11,12,13]. Entscheidend bei der Untersuchung von Leberaspiraten ist die Berücksichtigung aller morphologischen Veränderungen, die bei benignen Leberzellen möglich sein können. Die Form von Leberzellen kann von polygonal bis rund variieren; die Zellen weisen gut definierte Zellgrenzen auf. In der Regel ist ein mäßig weites, unimorphes, granuläres, dichtes Zytoplasma vorhanden. Auf den nach Papanicolaou eingefärbten ThinPrep®-Objektträgern, sind im Zytoplasma kleine eosinophile bis stark basophile Körnchen zu erkennen; gelegentlich können die Zellen zytoplasmatisches Gallenpigment, Lipofuszin sowie Lipid- bzw. Glykogenvakuolen aufweisen. Leberzellen weisen normalerweise einen einzelnen, zentral gelegenen, runden Zellkern mit gleichmäßig verteiltem, feingranulärem Chromatin und einem einzelnen, prominenten runden Nukleolus auf. Bei den Leberzellen können erhebliche Unterschiede in der Zellkerngröße und Doppelkernigkeit auftreten. Im Gegensatz zum hepatozellulären Karzinom zeigen die Zellkerne allerdings eine relativ niedrige Kern-Plasma-Relation. Gelegentlich werden Fragmente von Mikrogewebe beobachtet, deren Ränder aber im Gegensatz zu den scharf abgegrenzten Rändern beim hepatozellulären Karzinom unregelmäßig ausgefranst sind. Trabekel bestehen in der Regel aus einer bis zwei Schichten von Leberzellen und bilden keine dicken Stränge wie beim hepatozellulären Karzinom. Es können einzelne versprengte Leberzellen sowie Kupffer-Zellen und Endothelzellen mit spindelförmigen Zellkernen und blassem, feinkörnigem Chromatin, unauffälligen Nukleolen und spärlichem, undeutlichem Zytoplasma erkennbar sein. [1, 2] .

Gelegentlich wird bei der Untersuchung eines Tumors ein dominanter Zirrhoseknoten aspiriert [1, 2] . Ein wesentliches zytologisches Merkmal eines Zirrhoseknotens ist das eher polymorphe als unimorphe Erscheinungsbild der Leberzellen auf ThinPrep-Objektträgern. Gelegentlich können atypische Merkmale wie Zellkernvergrößerung, Doppelkernigkeit und Anisonukleose erkennbar sein, die einen Zirrhose-Befund unterstützen, da das polymorphe Aussehen der Leberzellenpopulation im Gegensatz zur einheitlichen Atypie beim hepatozellulären Karzinom ein Merkmal benigner, reaktiver Leberzellen ist. Über die variable Zellstruktur der Leberzellen bei Zirrhose hinaus sind dünne Trabekel und höchstens zwei Zellen dicke Stränge zu sehen; die Zellen weisen eine niedrige Kern-Plasma-Relation auf. Es können sowohl vereinzelte Entzündungszellen und Bindegewebsfasern als auch Gallengänge gefunden werden.[1, 2] .

Auf ThinPrep präparierte Aspirate von hepatozellulären Karzinomen weisen Zellen mit einer einheitlich hohen Kern-Plasma-Relation auf, die in komplexen verzweigten, anastomosierenden dicken Trabekeln angeordnet sind und scharf abgegrenzte Ränder aufweisen. Die Trabekel sind mehr als vier Zellen dick, und sind an der Peripherie von Endothelzellen eingeschlossen, ferner sind so genannte ‚eindringende’ Endothelzellen vorhanden. Häufig sind verstreute Einzelzellen und kleine Verbände zu sehen, ferner nackte atypische Zellkerne von Leberzellen. Gelegentlich wird Gallenpigment beobachtet [1, 2, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13] .

Gelegentlich trifft man auf Varianten hepatozellulärer Karzinome wie das fibrolamelläre Leberzellkarzinom, Untertypen kleinzelliger und Klarzell-Karzinome sowie das kombinierte hepatozelluläre Karzinom/Gallengangskarzinom. Die zytologischen Merkmale dieser Varianten sind in der Standardliteratur ausführlich beschrieben. [1, 2]

Aspirate benigner hepatozellulärer Tumore, beispielsweise Adenome und die fokal noduläre Hyperplasie, enthalten Leberzellen, die sich nicht von den Leberzellen im umgebenden unauffälligen Lebergewebe auf ThinPrep-Objektträgern unterscheiden. [1, 2] . Bei der fokal nodulären Hyperplasie sind Fragmente von Bindegewebe und Gallengängen vorhanden, die bei Adenomen dagegen fehlen.

Da Atypiekriterien fehelen, ist die exakte Diagnostik von Adenomen oder der fokal nodulären Hyperplasie mittels Feinnadelaspiration nicht möglicht. Daher müssen die zytologischen Befunde unbedingt mit der Nadelposition korrelieren.

Schließlich sind Leberaspirate von Karzinommetastasen sehr häufig, da Metastasen im Abdomen, nach den Lymphknoten, am zweithäufigsten in der Leber auftreten. Karzinommetastasen repräsentieren mehr als 90 % aller malignen Leberneoplasien. Die Adenokarzinome sind, unter den die Leber betreffenden Metastasen, histologisch am häufigsten, wobei das kolorektale Karzinom eine hohe Prävalenz hat. Die zytomorphologischen Kriterien einer Adenokarzinommetastase haben große Ähnlichkeit mit denjenigen eines primären Gallengangskarzinom. In der Regel enthalten Feinnadelaspirationspräparate von Adenokarzinomen kohärente Verbände maligner Zellen, bei denen eine Drüsenformation erkennbar sein kann. Die kubischen bis zylindrisch geformten Zellen weisen ein zartes blasses Zytoplasma und exzentrisch gelegene, runde bis unregelmäßige Zellkerne mit prominenten Nukleolen auf. Das kolorektale Karzinom ist häufig mit einer „schmutzigen Nekrose“ im Hintergrund assoziiert, im Gegensatz dazu, der saubere Hintergrund beim Gallengangskarzinom. Darüber hinaus können auch Karzinome anderer Zelltypen vorkommen, darunter Metastasen von kleinzelligen Karzinomen, Melanomen, malignen Lymphomen und von Mesenchymtumoren. [1, 2].

Zur Untersuchung zystischer und solider Pankreastumore werden zunehmend perkutane, intraoperative und endoskopische FNA-Biopsien unter Ultraschallkontrolle eingesetzt [1, 2, 14, 15]. Die FNA hat eindeutige Vorteile gegenüber großen Stanzbiopsien und Pankreas-Keilresektionen, die durch das Ausfließen von exokrinen Enzymen und Galle, potenziell eine Pankreatitis bzw. Peritonitis auslösen können [16]. FNA-Biopsien des Pankreas eignen sich auch für die Diagnostik entzündlicher Pankreasläsionen, indem sie chirurgische Eingriffe überflüssig machen. Daher muss der Zytopathologe mit den zytologischen Merkmalen und dem Spektrum, der im benignen duktualen und azinären Pankreasepithel vorkommenden, Veränderungen vertraut sein [1, 2, 17]. Charakteristischerweise sind die duktalen Pankreaszellen in flachen, bienenwabenförmigen Verbänden mit gleichmäßig verteilten, runden bis ovalen Zellkernen und klar definierten Zellgrenzen angeordnet. Azinuszellen treten gerne in kleinen kohärenten Verbänden auf. Diese bestehen aus Zellen mit mäßig weitem, granulärem Zytoplasma und enthalten kleine, unimorphe, basal angeordnete Zellkerne, die ein feingranuläres bis klumpiges Chromatin und unauffällige Nukleoli besitzen. Inselzellen werden in Aspiraten in der Regel nicht beobachtet [1, 2, 14, 18].

Aspirate von Pseudozysten des Pankreas weisen gewöhnlich eine spärliche Zellularität, mit wenigen oder fehlenden epithelialen Zellen auf, obwohl Entzündungszellen akuter und chronischer Inflammationen, Histiozyten, Granulationsgewebe, Detritus im Hintergrund sowie Kalkfragmente vorhanden sein können [1, 2] . Zu den zytologischen Merkmalen der akuten Pankreatitis gehören mäßiger bis hoher Zellreichtum, wobei in den Ausstrichen vorwiegend neutrophile Granulozyten vorhanden sind sowie mit ein „schmutziger“ Hintergrund [1, 2] . Duktus- bzw. Azinuszellen können reparative bzw. entzündliche Abnormitäten aufweisen, außerdem kann Fettnekrose erkennbar sein.

Im Gegensatz dazu sind die Aspirate bei einer chronischen Pankreatitis im Allgemeinen relativ zellarm und weisen nur wenige Duktuszellen auf, die zumeist nicht die, bei einer akuten Pankreatitis zu beobachtenden, abnormen bzw. reaktiven Merkmale zeigen [1, 2]. Es sind außerdem Entzündungszellen einer chronischen Entzündung vorhanden.

Die zytomorphologischen Merkmale eines Adenokarzinoms des Pankreas dürfen nicht übersehen werden, da es sich hier um ein verbreitetes Malignom handelt, das für etwa 3 % aller Krebsfälle und 5 % der gesamten Krebssterblichkeit verantwortlich ist. [18, 19]. Fast drei Viertel aller Adenokarzinome des Pankreas gehören dem duktalen Typ an. Zytomorphologische Merkmale duktaler Adenokarzinome auf ThinPrep-Objektträgern sind Zellreichtum mit atypischen einzelnen bzw. in Gruppen und Verbänden angeordneten Zellen. [1, 2 2 Innerhalb der Zellverbände ist eine synzytiale Anordnung der Zellen erkennbar, verbunden mit einem Verlust der Kernpolarität. Es kann sowohl eine Zellkernvergrößerung als auch eine Hypertrophie des Zytoplasmas auftreten. Die Zellkerne sind zumeist hyperchromatisch mit ungleichmäßig verteiltem Chromatin und unregelmäßigen Kernmembranen, gelegentlich sind Kernfurchen erkennbar. Erhebliche Anisokaryose sind ebenso zu sehen wie prominente Nukleolen. Im Hintergrund ist in der Regel eine nekrotische Tumordiathese zu erkennen.

Zu den ungewöhnlichen Varianten des Adenokarzinoms des Pankreas gehört das anaplastische Karzinom (pleomorphes Riesenzellkarzinom), das eine auffallend pleomorphe Zellpopulation mit malignen Riesenzellen bzw. spindelförmigen Zellen aufweist, Außerdem der sehr seltene, osteoklastenartige Riesenzelltumor des Pankreas, der sich mit verstreut liegenden, mehrkernigen osteoklastenartigen Riesenzellen darstellt, mit zentralen geclusterten Zellkernen, die von einem mäßig weiten Zytoplasma umgeben sind sowie ähnlich erscheinenden einkernigen Zellen.[1, 2].

Aspirate von Inselzellneoplasien sind meistens zellreich und bestehen aus einer monomorphen Population unimorpher kleiner Zellen, die vorwiegend in einem inkohärenten Muster angeordnet sind. Die Tumorzellen sind klein mit runden bis ovalen Zellkernen, gleichmäßig verteiltem fein- bis grobgranulärem Chromatin und unauffälligen Nukleolen. In diesen Zellen liegen die Zellkerne exzentrisch. Dagegen sind die Zellen in Aspiraten des sehr seltenen Azinuszellenkarzinoms lobulär angeordnet und zeigen hyperchromatische Zellkerne, verklumptes Chromatin und prominente Nukleolen. [1, 2] Sowohl bei Inselzellen als auch bei Azinuszellen ist das Zytoplasma granulär. Zytomorphologische Merkmale papillär-zystischer Tumoren sind papilläre Strukturen mit fibrovaskulären Zentren, die von einer oder mehreren Schichten epthelialer Zellen umgeben sind, die ein blasses Chromatin, zarte Kernmembranen und vereinzelte Kerneinfurchungen in Längsrichtung aufweisen. [1, 2] Muzinös zystische Neoplasien dagegen weisen Zellkerne auf, die von blande, atypisch bis eindeutig maligne variiern können [1, 2] . Die Anordnung der Zellen kann aus Einzelzellen, flachen bienenwabenförmigen Verbänden oder dreidimensionalen Clustern bestehen, die mit einer großen Menge an intrazellulärem bzw. extrazellulärem muzinösem Material assoziiert sind. Aspirate von serösen Zystadenomen und Pankreatoblastomen sind weitere seltene Tumoren, die in der Literatur zur Feinnadelaspiration beschrieben sind. [1, 2, 20] Schließlich können durch FNA-Biopsien noch metastatische Malignome im Pankreas nachgewiesen werden [21]

Quellenangaben

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